Außerordentliche Betriebsratswahl

Vereinfachtes und normales Wahlverfahren

Inhaltsverzeichnis

V.
Vereinfachtes und normales Wahlverfahren
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Entscheidungshilfe: Welches Wahlverfahren gilt für wen?

Für die Wahl eines Betriebsrats kommen zwei Wahlverfahren in Betracht, die von der Größe des Betriebs abhängig sind.

Beschäftigung von in der Regel 5 bis 100 wahlberechtigten ArbeitnehmernBeschäftigung von in der Regel 101 bis 200 wahlberechtigten ArbeitnehmernBeschäftigung von mehr als 200 wahlberechtigten Arbeitnehmern

Die Wahl findet zwingend im vereinfachten Wahlverfahren statt

 

Die Wahl findet im normalen Wahlverfahren statt

Arbeitgeber und Wahlvorstand können aber die Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens vereinbaren

Die Wahl findet zwingend im normalen Wahlverfahren statt

Normales Wahlverfahren

Formblatt 1: Ablaufplan normales Wahlverfahren 

Vereinfachtes Wahlverfahren

Formblatt 1: Ablaufplan vereinfachtes Wahlverfahren 

Die Anwendung des richtigen Wahlverfahrens

Der Wahlvorstand muss bei der Ermittlung der Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer mit großer Sorgfalt vorgehen (siehe dazu hier). In den meisten Fällen wird diese Feststellung keine Probleme bereiten. In Zweifelsfällen muss jedoch geklärt werden, ob es sich bei einzelnen Arbeitnehmern um wahlberechtigte Beschäftigte im Sinne des BetrVG handelt, die zudem zur Regelbelegschaft zu zählen sind.

Teilweise wird der Wahlvorstand nicht umhinkommen, spezialisierte Rechtsanwälte als Sachverständige einzuschalten. § 80 Abs. 3 BetrVG findet auf die Hinzuziehung eines Sachverständigen für den Wahlvorstand zur Durchführung einer Betriebsratswahl entsprechende Anwendung. Für die Beauftragung eines Sachverständigen bedarf es aber einer vorherigen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber, in der das Thema, der Sachverständige und dessen Vergütung festgelegt werden. Fehlt es an einer solchen Vereinbarung, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet die Kosten für die Einschaltung des Sachverständigen zu tragen (BAG, vom 11.11.2009 - 7 ABR 26/08). Weigert sich der Arbeitgeber, eine entsprechende Vereinbarung abzuschließen, obwohl die Hinzuziehung erforderlich ist, kann der Wahlvorstand die Zustimmung des Arbeitgebers vor dem Arbeitsgericht (ggfls. per einstweiliger Verfügung) ersetzen lassen.

Praxistipp:

Der Wahlvorstand muss sich unbedingt vorab mit dem Rechtsanwalt in Verbindung setzen und alle Formalitäten für die Beauftragung als Sachverständiger abklären.

Die Anwendung des falschen Wahlverfahrens führt zur Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl. Wird also im vereinfachten Wahlverfahren gewählt, weil man irrtümlich davon ausgegangen ist, dass im Betrieb weniger als 100 Arbeitnehmer beschäftigt sind, kann die Wahl angefochten werden. Das Gleiche gilt, wenn in einem Betrieb mit weniger als 100 Arbeitnehmern im normalen Verfahren gewählt, weil unzutreffend von einer größeren Arbeitnehmerzahl ausgegangen worden ist. 

Die Vereinbarung des vereinfachten Wahlverfahrens

Der Wahlvorstand hat nach § 14a Abs. 5 BetrVG die Möglichkeit, mit dem Arbeitgeber die Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens zu vereinbaren, wenn in dem Betrieb in der Regel zwischen 101 und 200 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt sind. 

In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass entsprechende Vereinbarungen zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber abgeschlossen werden. Solche Vereinbarungen sind unwirksam und führen zur Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl. Nur der Wahlvorstand ist berechtigt, mit dem Arbeitgeber eine entsprechende Vereinbarung abzuschließen!

Die Vereinbarung zur Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens kann nur freiwillig zustande kommen und vom Wahlvorstand nicht erzwungen werden. Verweigert der Arbeitgeber eine Vereinbarung über die Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens, muss das normale Wahlverfahren durchgeführt werden.

Der Vereinbarung nach § 14a Abs. 5 BetrVG kommt keine Dauerwirkung zu. Das bedeutet, dass eine Vereinbarung für jede Betriebsratswahl neu getroffen werden muss.

Der Wahlvorstand muss zunächst einen Beschluss zur Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens fassen und dann versuchen, mit dem Arbeitgeber eine entsprechende Vereinbarung zu treffen.

Muster:

Der Wahlvorstand beschließt für die anstehende Wahl des Betriebsrats die Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens (§ 14a Abs. 5 BetrVG) mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren.

ja ... nein ... Enthaltung ...

Die Vereinbarung mit dem Arbeitgeber sollte unbedingt schriftlich abgeschlossen werden. Grundsätzlich ist zwar keine bestimmte Form für eine solche Vereinbarung vorgeschrieben (LAG Sachsen, vom 17.03.2017 - 2 TaBV 33/16). Von einer mündlichen oder stillschweigenden Vereinbarung ist aber unbedingt abzusehen. Dem Wahlvorstand wird es regelmäßig nur bei einer schriftlichen Vereinbarung möglich sein, nachzuweisen, dass tatsächlich eine Vereinbarung abgeschlossen wurde.

Vereinfachtes Wahlverfahren

Formblatt 10: Vereinbarung über die Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens zur Wahl des Betriebsrats

Vereinfachtes und normales Wahlverfahren, wo sind die Unterschiede, welche Vor- und Nachteile gibt es?

Insbesondere wenn es für den Wahlvorstand darum geht, zu entscheiden, ob er mit dem Arbeitgeber das vereinfachte Wahlverfahren vereinbaren soll, muss er die Unterschiede und die Vor- und Nachteile der jeweiligen Verfahren kennen. Eine pauschale Antwort, welches der beiden Wahlverfahren das bessere, lässt sich leider nicht geben. Hier kommt der Wahlvorstand nicht um eine gewissenhafte und sorgfältige Abwägung umhin.

Mindestfristen für die Bestellung des Wahlvorstands

Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem normalen und dem vereinfachten Wahlverfahren liegt in den Mindestfristen für die Bestellung des Wahlvorstands. 

  • In Betrieben mit in der Regel mehr als 100wahlberechtigten Arbeitnehmern beträgt die Frist für die Bestellung des Wahlvorstands gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 BetrVG spätestens 10 Wochen vor Ende der Amtszeit des Betriebsrats.
  • In Betrieben mit in der Regel fünf bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern beträgt die Frist für die Bestellung des Wahlvorstands gem. § 17a Nr. 1 BetrVG spätestens vier Wochen vor Ende der Amtszeit des Betriebsrats.

Bewertung:

Die unterschiedlichen Mindestfristen für die späteste Bestellung des Wahlvorstands spielt nur in den Betrieben bis 100 Arbeitnehmern eine Rolle. Vereinbaren Arbeitgeber und Wahlvorstand in Betrieben mit mehr als 100 und bis 200 Arbeitnehmern das vereinfachte Verfahren findet diese verkürzte Frist hingegen keine Anwendung.

Deshalb muss unbedingt darauf geachtet werden, dass der Wahlvorstand auch in Betrieben in denen Wahlvorstand und Arbeitgeber die Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens vereinbaren können, spätestens zehn Wochen vor dem Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats bestellt werden muss (besser deutlich früher!). Die Entscheidung, ob im normalen oder vereinfachten Wahlverfahren gewählt wird, hängt ausschließlich von der Vereinbarung ab, die der Wahlvorstand mit dem Arbeitgeber treffen kann. Das heißt, zum Zeitpunkt der Bestellung des Wahlvorstands durch den Betriebsrat muss noch vom normalen Wahlverfahren ausgegangen werden und dort ist vorgesehen, dass der Wahlvorstand spätestens zehn Wochen vor dem Ende der Amtszeit bestellt werden muss.

Grundsätzlich gilt für die Frist zur Bestellung des Wahlvorstands aber Folgendes: Die Frist von 10 Wochen reicht regelmäßig schon nicht aus, um die Betriebsratswahlen zu organisieren. Die Frist von vier Wochen reicht erst recht nicht.

Man muss bedenken, dass bis zur Einleitung der Wahl vom Wahlvorstand viele Dinge zu erledigen sind.

Es muss eine ausführliche Schulung des Wahlvorstands erfolgen. Das Wahlrecht birgt so viele Besonderheiten und Stolpersteine, die zur Anfechtung der Wahl führen können, dass alle Wahlvorstandsmitglieder inklusive der Ersatzmitglieder zwingend ausführlich geschult werden müssen. Sehr zu empfehlen ist, dass innerhalb einer solchen Schulung die Wahlen „durchgespielt“ werden. Nur so kann sich der Wahlvorstand auf Fragen und Probleme vorbereiten und sich mit entsprechenden Lösungen wappnen.

Die Vielzahl von Wahlanfechtungen zeigt, dass viele Wahlvorstände nicht umfassend genug geschult sind. Eine kurze Überblicksschulung reicht regelmäßig nicht aus, um die Betriebsratswahl rechtssicher und ohne das Risiko einer späteren Anfechtung durchzuführen! Eine Wahlanfechtung ist für alle Seiten unbefriedigend. Sie kostet Geld und Nerven und ist besonders unbefriedigend, weil vermeidbar.

Daneben muss der Wahlvorstand vor der Einleitung der Wahl viele Fragen zur Wahlberechtigung, zu den „regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern“, zu Fristen usw. klären. Hierbei handelt es sich mitunter um hoch komplizierte Sach- und Rechtsfragen, deren Klärung Zeit braucht.

Fazit:

Für die ausführliche Schulung aller Wahlvorstandsmitglieder und für die Klärung der Fragen zur Wahlberechtigung, zur Betriebsgröße, zu den Fristen usw. wird viel Zeit benötigt. Die Verkürzung der schon eh zur kurzen Mindestfrist für die Bestellung des Wahlvorstands ist eindeutig kein Vorteil des vereinfachten Wahlverfahrens!

Praxistipp:

Bei den genannten Fristen handelt es sich um Mindestfristen. Die Bestellung des Wahlvorstands zu einem früheren Zeitpunkt ist unbedingt zu empfehlen! Dementsprechend sieht auch das BAG eine frühere Bestellung nicht als rechtsmissbräuchlich an, solange nicht der Zeitpunkt der Bestellung gänzlich unangemessen ist (BAG, vom 19.04.2012 - 2 AZR 299/11). Das LAG Niedersachsen hält die Bestellung eines Wahlvorstands 23 Wochen vor der Wahl nicht rechtsmissbräuchlich bzw. unangemessen. Das Gericht musste sich in dem Fall nicht dazu äußern, ob nicht auch frühere Bestellung rechtmäßig gewesen wäre. Gegen eine Bestellung des Wahlvorstands ca. 6 Monate vor den Wahlen dürfte es insoweit keine Einwände geben.

Größe des Wahlvorstands

Ein Unterschied zwischen dem normalen und dem vereinfachten Wahlverfahren liegt auch in der Größe des Wahlvorstands.

Grundsätzlich besteht der Wahlvorstand gem. § 16 Abs. 1 Satz 1 BetrVG aus drei Mitgliedern.

  • Für das normale Wahlverfahren regelt § 16 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, dass ein größerer Wahlvorstand bestellt werden kann, sofern dies zu einer ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist.
  • Eine solche Erhöhung der Mitgliederzahl ist gem. § 17a Nr. 2 BetrVG im vereinfachten Wahlverfahren nicht möglich.

Für die Erhöhung der Zahl der Wahlvorstandsmitglieder kommt es im normalen Wahlverfahren gem. § 16 Abs. 1 Satz 2 BetrVG aber darauf an, ob dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl tatsächlich erforderlich ist. Ist dies der Fall, bedarf es keiner Zustimmung des Arbeitgebers zur Erhöhung. Auch eine Höchstgrenze ist vom Gesetzgeber nicht vorgegeben worden.

 

Bewertung:

Im vereinfachten Wahlverfahren kann die Zahl der Wahlvorstandsmitglieder nicht erhöht werden. Das wird in kleineren Betrieben meist aber auch nicht nötig sein. Darüber hinaus kann auch im vereinfachten Wahlverfahren vom Wahlvorstand die Heranziehung von Wahlhelfern beschlossen werden, wenn er mit den drei Wahlvorstandsmitgliedern, insbesondere bei der Stimmabgabe und der Stimmauszählung, nicht auskommt.

Auch im normalen Wahlverfahren kann die Anzahl der Wahlvorstandsmitglieder nicht nach Belieben erhöht werden. Die Erhöhung der Zahl muss immer erforderlich sein. Ob die Erhöhung erforderlich ist, hängt von den betrieblichen Verhältnissen und der nach § 12 Abs. 2 WO vorgeschriebene Mindestzahl von 2 Wahlvorstandsmitgliedern im Wahlraum während des gesamten Zeitraums der Stimmabgabe ab (LAG Niedersachsen, Beschluss vom 11.09.2019 – 13 TaBV 85/18). Insbesondere in größeren Betrieben gibt es manchmal mehr als ein Wahllokal oder sehr lange Zeiträume für die Stimmabgabe, so dass die Erhöhung notwendig wird.

Die Möglichkeit zur Erhöhung der Zahl der Wahlvorstandsmitglieder ist also weder ein Vor- noch ein Nachteil, sondern in größeren Betrieben den dort bestehenden Umständen geschuldet.

Frist für den Erlass des Wahlausschreibens und der Wählerliste (Einleitung der Wahl)

Auch die Fristen für das Aushängen des Wahlausschreibens (Einleitung der Betriebsratswahl) unterscheiden sich in den beiden Wahlverfahren.

  • Für das normale Wahlverfahren schreibt § 3 Abs. 1 Satz 1 WO vor, dass das Wahlausschreiben spätestens sechs Wochen vor dem ersten Tag der Stimmabgabe zu erlassen ist.
  • Für das vereinfachte Wahlverfahren gibt es im Gesetz keine Regelung, bis zu welcher Frist das Wahlausschreiben vom Wahlvorstand zu erlassen ist. Die Frist für den Aushang des Wahlausschreibens im vereinfachten Wahlverfahren muss man sich selber „erschließen“. Die Bewerber müssen ausreichend Zeit zur Einreichung von Wahlvorschlägen haben. Allgemein wird eine Orientierung an der Wertung des § 28 Abs. 1 Satz 2 WO befürwortet und eine Frist von einer Woche für das Einreichen von Wahlvorschlägen als ausreichend angesehen (LAG Hessen, vom 23.01.2003 - 9 TaBV 104/02). Zudem müssen die Wahlvorschläge bis spätestens eine Woche vor dem Tag der Stimmabgabe (der Wahlversammlung) eingereicht werden, § 36 Absatz 5 Satz 1 WO. Daraus ergibt sich eine absolute Mindestfrist von zwei Wochen.

Für beide Wahlverfahren gilt, dass die jeweiligen Fristen Mindestfristen sind.

  • Für das normale Wahlverfahren gilt:

Zulässig und zu empfehlen ist, das Wahlausschreiben bereits ein paar Tage vor dieser Mindestfrist zu erlassen. So können versehentliche Rechenfehler vermieden und ausgeschlossen werden, dass aus Versehen die Mindestfrist falsch berechnet wird. Ein solcher Fehler bei der Berechnung der Mindestfrist würde einen Verstoß gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlverfahren darstellen und die Anfechtung der Wahl nach § 19 BetrVG rechtfertigen können (LAG Hessen, vom 14.04.2011 - 9 TaBV 198/10).

Praxistipp:

Erlassen Sie das Wahlausschreiben z. B. sieben Wochen vor der Stimmabgabe.

Für das vereinfachte Wahlverfahren gilt:

Bedenkt man, dass auch der letzte Tag der Briefwahl (nachträgliche schriftliche Stimmabgabe) nach § 36 Absatz 2 Satz 3 WO spätestens eine Woche vor Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats liegen soll, kommt man mit der Frist von zwei Wochen nicht aus. Im Fall der beantragten nachträglichen Stimmabgabe verschiebt sich die Stimmauszählung. Zudem kann die nachträgliche schriftliche Stimmabgabe bis drei Tage vor dem Tag der Wahl (der Wahlversammlung) gestellt werden. Das heißt, dass der Wahlvorstand zum Zeitpunkt des Aushangs noch nicht weiß, ob es eine nachträgliche schriftliche Stimmabgabe überhaupt geben wird.

Praxistipp:

Die Frist für den Aushang des Wahlausschreibens sollte deutlich früher als zwei Wochen vor dem Tag der Wahl sein. Wir empfehlen hier besser vier Wochen anzusetzen!

Bewertung:

Hält sich der Wahlvorstand an die gesetzlichen bzw. rechnerischen Mindestfristen, wird es entweder zeitlich zu eng (vereinfachtes Wahlverfahren) oder es besteht die Gefahr, dass der Wahlvorstand sich aus Versehen verrechnet und dadurch die Wahl anfechtbar werden kann. Beachtet der Wahlvorstand, dass er den Aushang jeweils etwas früher aushängt, kommt er in beiden Wahlverfahren mit den Fristen hin.

Hier gibt es zwischen den beiden Wahlverfahre keine Vor- bzw. Nachteile.

Frist für das Einreichen von Wahlvorschlägen

Auch die Fristen für das Einreichen von Wahlvorschlägen unterscheiden sich in den beiden Wahlverfahren.

Im normalen Wahlverfahren beträgt die Einreichfrist für Vorschlagslisten zwei Wochen und beginnt ab dem Erlass des Wahlausschreibens (§ 6 Abs. 1 Satz 2 WO).

Im vereinfachten Wahlverfahren können Wahlvorschläge gem. § 14a Abs. 3 Satz 2 BetrVG bis spätestens eine Woche vor der Wahlversammlung (dem Wahltag) beim Wahlvorstand eingereicht werden!

Der Wahlvorstand kann für den letzten Tag der Frist eine Uhrzeit festlegen, zu der Wahlvorschläge spätestens eingereicht sein müssen. Die Uhrzeit darf nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der der Wählerinnen und Wähler an diesem Tag liegen (§ 41 Abs. 2 WO).

Gibt der Wahlvorstand keine Uhrzeit an, bis zu der Wahlvorschläge am letzten Tag der Frist eingereicht werden können, so können Wahlvorschläge zulässigerweise bis 24 Uhr eingereicht werden . Das Bundesarbeitsgericht meint, dass die wahlberechtigten Arbeitnehmer dann davon ausgehen dürfen, dass der Wahlvorstand Vorkehrungen getroffen hat, dass er bis 24 Uhr von eingereichten Vorschlagslisten Kenntnis nehmen kann. Der Wahlvorstand muss sich also Gedanken darüber machen und ggf. Vorkehrungen treffen. Da es in der Regel keinen „Fristenbriefkasten“ geben wird, bei dem um 24 Uhr ein Hebel umgelegt wird und spätere Post in ein anderes Fach fällt (so bei den Gerichten), sollte entweder eine Frist mit Uhrzeit gesetzt werden oder der Wahlvorstand muss bis 24 Uhr vor Ort sein.

Wird ein Wahlvorschlag nach Ablauf der Frist eingereicht (auch geringfügig), darf der Wahlvorstand ihn nicht zulassen. Wird er dennoch zugelassen, ist die Wahl anfechtbar.

Bewertung:

Für das Einreichen von Wahlvorschlägen besteht zwischen den beiden Wahlverfahren kein wesentlicher Unterschied. Letztlich kommt es darauf an, wie viel Zeit die Wahlberechtigten zum Einreichen von Wahlvorschlägen haben. Während sie beim normalen Wahlverfahren nach Erlass des Wahlausschreibens immer zwei Wochen Zeit haben, kommt es beim vereinfachten Wahlverfahren darauf an, wie frühzeitig die Wahl eingeleitet wird.

Absolute „Deadline“ ist eine Woche vor der Wahlversammlung. Wenn das Wahlausschreiben also z. B. vier Wochen vor dem Tag der Stimmabgabe erlassen wird, hätten die wahlberechtigten drei Wochen Zeit. Erfolgt der Erlass später, verkürzt sich die Frist entsprechend. Nicht zulässig wäre es jedoch, das Wahlausschreiben z. B. erst 10 Tage vor der Wahlversammlung auszuhängen. Dann würde lediglich eine Frist von drei Tagen für das Einreichen von Wahlvorschlägen bleiben. Nach der Rechtsprechung ist das absolute Minimum eine Frist von einer Woche (LAG Hessen, vom 23.01.2003 - 9 Ta BV 104/02). Allgemein wird eine Orientierung an der Wertung des § 28 Abs. 1 Satz 2 WO befürwortet und eine Frist von einer Woche als ausreichend angesehen.

Frist für die Korrekturen der Wahlvorschläge

Wesentliche Unterschiede zwischen den beiden Wahlverfahren gibt es auch bei den Fristen für die Behebung von Mängeln von eingereichten Wahlvorschlägen bzw. Vorschlagslisten; zumindest auf den zweiten Blick.

Zunächst einmal regelt § 7 Abs. 2 Satz 2 WO, dass der Wahlvorstand die eingereichten Vorschlagslisten unverzüglich, möglichst binnen einer Frist von zwei Arbeitstagen nach ihrem Eingang, zu prüfen hat. Bei Ungültigkeit oder Beanstandung ist der Listenvertreter unverzüglich schriftlich, unter Angabe der Gründe, zu unterrichten.

Die in § 7 Abs. 2 WO genannte Frist von zwei Arbeitstagen ist aber keine starre Frist. In Ausnahmefällen kann die Prüfung des Wahlvorschlags und die Unterrichtung des Listenvertreters auch noch nach Ablauf von zwei Arbeitstagen „unverzüglich“ sein, z. B. wenn Rückfragen bei den Listenvertretern über die Wählbarkeit eines Wahlbewerbers erforderlich sind. Umgekehrt kann auch die noch innerhalb der zweitägigen Frist erfolgende Prüfung des Wahlvorschlags und Unterrichtung des Listenvertreters nicht als „unverzüglich“ i. S. d. Vorschrift anzusehen sein.

Die Pflicht zur unverzüglichen Prüfung dient dazu, es den Einreichern der Liste zu ermöglichen, innerhalb der Einreichungsfrist eine gültige Vorschlagsliste nachzureichen. Diese Möglichkeit darf ihnen nicht durch eine verzögerte Behandlung durch den Wahlvorstand genommen werden. Wird die Unterrichtung so verzögert, dass die sonst noch mögliche Einreichung einer neuen und einwandfreien Liste verhindert wird, kann ein Anfechtungsgrund vorliegen.

Entsprechend dem Zweck des § 7 Abs. 2 Satz 2 WO besteht eine Pflicht zur möglichst raschen Prüfung und Unterrichtung insbesondere dann, wenn der Ablauf der Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen unmittelbar bevorsteht.

Das alles gilt für beide Wahlverfahren gleichermaßen.

Die Unterschiede zwischen beide Wahlverfahren werden relevant, wenn es um die Korrektur von Fehlern bei den Wahlvorschlägen geht, die der Wahlvorstand den Listenvertretern unverzüglich mitgeteilt hat.

Wir müssen hier zwei Arten von Mängeln unterscheiden:

  • Unheilbare Mängel, die nicht korrigiert werden können und den Wahlvorschlag ungültig machen (§ 8 Abs. 1 WO).
  • Heilbare Mangel, die innerhalb einer bestimmten Frist geheilt werden können (§ 8 Abs. 2 WO).

Unheilbare Mängel

Die Konsequenzen für die unheilbaren Mängel sind in beiden Wahlverfahren die gleichen. Wird ein Wahlvorschlag mit unheilbaren Mängeln eingereicht, bleibt den Einreichern nur die Möglichkeit, einen neuen Wahlvorschlag einzureichen. Dafür darf aber die Einreichungsfrist noch nicht abgelaufen sein. Das bedeutet für beide Wahlverfahren, wenn ein Wahlvorschlag kurz vor Ende der Einreichungsfrist eingereicht wird, der dann unheilbare Mängel aufweist, fehlt meist die Zeit, einen neuen und gültigen Wahlvorschlag nachzureichen. Relevant wird dieser Fall insbesondere dann, wenn ein Wahlvorschlag nicht die ausreichende Anzahl von Stützungsunterschriften aufweist.

Beispiel:

Es wird eine Vorschlagsliste beim Wahlvorstand eingereicht. Der Wahlvorstand stellt bei der Prüfung der Liste fest, dass noch Kandidaten zu den Vorschlagslisten hinzugefügt wurden, nachdem bereits mit dem Sammeln von Stützungsunterschriften begonnen wurde. Auf den Listen gab es dazu nirgends einen Hinweis.

Damit wäre dieser Wahlvorschlag unheilbar ungültig. Es bestände für die Einreicher nur die Möglichkeit, eine neue Vorschlagsliste ohne Mängel einzureichen. Ist die Frist dafür jedoch abgelaufen, ist es zu spät und die Kandidaten können nicht mehr zu den Betriebsratswahlen antreten.

Heilbare Mängel

Bei den sogenannten heilbaren Mängeln sieht das anders aus. Wir schauen uns zunächst einmal an, wie in diesen Fällen verfahren wird, um deutlich zu machen, wo die Unterschiede zwischen den beiden Wahlverfahren liegen.

Der erste Fall gehört nicht zu den heilbaren Mängeln, kann aber zu einem heilbaren Mangel führen:

Haben Beschäftigte mehrere Vorschlagslisten unterzeichnet, hat der Wahlvorstand die entsprechenden Arbeitnehmer aufzufordern, innerhalb einer angemessenen Frist von längstens drei Tagen zu erklären, welche Stützungsunterschrift sie aufrechterhalten wollen (§ 6 Abs. 5 Satz 2 WO). Gibt der Arbeitnehmer innerhalb der gesetzten Frist keine Erklärung ab, wird seine Stützungsunterschrift nur auf der ersten eingereichten Vorschlagsliste aufrechterhalten und auf den anderen gestrichen.

Im normalen Wahlverfahren kann die vom Wahlvorstand gesetzte Frist auch noch nach der Einreichungsfrist liegen.

Beispiel:

Beim Wahlvorstand werden Listen eingereicht, auf denen teilweise die gleichen Personen Stützungsunterschriften geleistet haben. Der Wahlvorstand setzt den Doppelunterzeichnern eine Frist, innerhalb derer sie erklären sollen, welche Stützungsunterschrift sie aufrechterhalten wollen. Diese Frist liegt nach der Frist für die Einreichung von Wahlvorschlägen.

Im normalen Wahlverfahren ist das möglich, im vereinfachten Wahlverfahren gibt es die Einschränkung, dass diese Erklärung gem. § 36 Abs. 5 Satz WO nur innerhalb der gesetzlichen Mindestfrist zur Einreichung der Wahlvorschläge erfolgen kann.

Kann der Arbeitnehmer keine Erklärung mehr abgeben, wird sein Name auf dem zuerst eingereichten Wahlvorschlag gezählt und auf den übrigen Wahlvorschlägen gestrichen.

Das Streichen der Stützungsunterschriften kann dazu führen, dass in der Konsequenz ein Wahlvorschlag nicht mehr die ausreichende Anzahl von Stützungsunterschriften aufweist. Im Gegensatz zu einem Wahlvorschlag, der von Anfang an nicht die ausreichende Anzahl von Stützungsunterschriften aufgewiesen hat, führt das nachträgliche Streichen von Doppelunterzeichnungen nicht zu einem unheilbaren Mangel. Vielmehr liegt in diesem Fall ein heilbarer Mangel vor, der innerhalb einer vom Wahlvorstand gesetzten Nachfrist von drei Arbeitstagen behoben werden kann, indem für die Liste neue Stützungsunterschriften gesammelt werden.

Die Frist kann vom Wahlvorstand weder verlängert noch verkürzt werden. Die Frist beträgt auch dann mindestens drei Arbeitstage, wenn das im normalen Wahlverfahren dazu führt, dass die Frist für die Berichtigung erst nach Ende der Einreichungsfrist für Vorschlagslisten abläuft. Das gilt auch dann, wenn dem Listenvertreter ein Mangel erst nach Ablauf der Einreichungsfrist, mitgeteilt wird.

Beispiel:

Die Frist für das Einreichen von Wahlvorschlägen läuft am 25. April 2022 ab. An diesem letzten Tag wird ein Wahlvorschlag eingereicht, der eine Stützungsunterschrift eines Beschäftigten aufweist, der bereits auf einer anderen Liste unterzeichnet hat. Der Wahlvorstand setzt dem Beschäftigten nun eine angemessene Frist von zwei Tagen zur Erklärung, welche Unterschrift er aufrechterhält. Am 27. April 2022 erklärt sich der Beschäftigte, was dazu führt, dass eine Liste nun nicht mehr die ausreichende Anzahl von Stützungsunterschriften aufweist.

Auch wenn nun für die von der Streichung betroffene Liste die Frist für das Einreichen von Wahlvorschlägen abgelaufen ist, kann und muss der Wahlvorstand dennoch eine Frist von drei Arbeitstagen zur Korrektur (Sammeln einer Stützungsunterschrift) gewähren.

Läuft die Frist ab, ohne dass die Mängel behoben werden, ist die Vorschlagsliste endgültig ungültig. Das gilt auch, wenn der beanstandete Mangel zwar behoben, die Liste jedoch neue Mängel enthält, die eine erneute Nachbesserung erforderlich machen würden. Eine erneute Nachfristsetzung zur (weiteren) Korrektur kommt nicht in Betracht. Sollte es nunmehr wiederum doppelte Stützungsunterschriften geben, werden diese auf der nachgebesserten Liste sofort gestrichen.

Im vereinfachten Wahlverfahren besteht gem. § 36 Abs. 5 Satz 2 WO die Besonderheit, dass die Frist zur Beseitigung der Mängel nur innerhalb der gesetzlichen Mindestfrist zur Einreichung der Wahlvorschläge, also innerhalb einer Woche vor dem Tag der Stimmabgabe (der Wahlversammlung) möglich ist. In unserem Beispiel von oben, wäre der eigentlich heilbare Mangel im vereinfachten Wahlverfahren nicht mehr zu beheben gewesen. 

 

Bewertung:

Hier ist das vereinfachte Wahlverfahren deutlich schlechter als das normale Wahlverfahren. Regelmäßig gibt es bei Wahlvorschlägen Mängel, die behoben werden müssen. Sind diese Mängel nicht so gravierend, dass sie direkt zur Ungültigkeit des Wahlvorschlags führen, können diese Mängel noch innerhalb von drei Arbeitstagen „repariert“ werden. Im vereinfachten Wahlverfahren reicht die Zeit dazu häufig nicht mehr aus, was dann dazu führt, dass Wahlvorschläge nicht zur Wahl antreten können, weil die sehr engen Fristen des vereinfachten Wahlverfahrens eine Heilung des Mangels nicht mehr erlauben.

Dies ist generell die wesentliche Schwäche des vereinfachten Wahlverfahrens. Es ist eigentlich in keinem einzigen Punkt einfacher, sondern nur wegen der deutlich verkürzten Fristen nur „schneller“.

Der Wahlvorstand kann für den letzten Tag der Frist eine Uhrzeit festlegen, zu der Korrekturen spätestens erfolgt sein müssen. Die Uhrzeit darf nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der Wählerinnen und Wähler an diesem Tag liegen (§ 41 Abs. 2 WO). Ansonsten endet die Frist laut Gesetz am letzten Tag der Frist um 24 Uhr.

Nachfrist für das Einreichen von Wahlvorschlägen

Ein weiterer Unterschied zwischen beiden Wahlverfahren besteht auch bei der Möglichkeit zum Setzen einer Nachfrist für das Einreichen von Wahlvorschlägen.

§ 9 Abs. 1 WO bietet dem Wahlvorstand die Möglichkeit, eine Nachfrist von einer Woche für das Einreichen von Vorschlagslisten zu setzen, wenn innerhalb der Frist von zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens für die Einreichung von Vorschlagslisten (WO) keine gültige Vorschlagsliste eingereicht worden ist.

Die Bekanntmachung über die Nachfrist hat sofort, d.h. am nächsten Arbeitstag nach Ablauf der Einreichungsfrist zu erfolgen. Die Bekanntmachung hat in der gleichen Weise, wie das Wahlausschreiben, zu erfolgen. Die Nachfrist beträgt eine Woche und läuft von der Bekanntmachung an.

Der Wahlvorstand kann für den letzten Tag der Nachfrist eine Uhrzeit festlegen, zu der Wahlvorschläge spätestens eingereicht sein müssen. Die Uhrzeit darf nicht vor dem Ende der Arbeitszeit der Mehrheit der Wählerinnen und Wähler an diesem Tag liegen (§ 41 Abs. 2 WO). Ansonsten endet die Frist laut Gesetz am letzten Tag der Frist um 24 Uhr.

Die Möglichkeit zum Setzen einer Nachfrist wird meist dann relevant, wenn Vorschlagslisten mit unheilbaren Mängeln kurz vor Ende der Einreichungsfrist eingereicht wurden oder wenn es den Einreichern einer Liste nicht gelingt, die heilbaren Mängel innerhalb der gesetzten Frist zur Behebung der Mängel zu „reparieren“.

Wird auch in der Nachfrist keine gültige Vorschlagsliste eingereicht, so steht damit fest, dass die Wahl unterbleibt. Es wird kein Betriebsrat gewählt. Dass keine Betriebsratswahl stattfindet, hat der Wahlvorstand in diesem Fall sofort bekannt zu machen. Mit der Bekanntmachung erlischt das Amt des Wahlvorstands.

Im vereinfachten Wahlverfahren besteht gem. § 36 Abs. 6 WO die Möglichkeit zum Setzen einer Nachfrist für das Einreichen von Wahlvorschlägen nicht. Ist innerhalb der gesetzlichen Frist zur Einreichung von Wahlvorschlägen kein oder kein gültiger Wahlvorschlag eingereicht worden, findet die Betriebsratswahl nicht statt.

 

Bewertung:

Die fehlende Möglichkeit zum Setzen einer Nachfrist im vereinfachten Wahlverfahren ist ebenfalls ein Nachteil gegenüber dem normalen Wahlverfahren. Bei genauer Prüfung von Wahlvorschlägen durch den Wahlvorstand können Mängel auftauchen, die dann nicht mehr innerhalb der Fristen zum Einreichen von Wahlvorschlägen repariert werden können. Auch wenn diese Fälle nicht allzu häufig auftauchen, ist es gut, für den Fall der Fälle die Möglichkeit zu haben, durch eine Nachfrist die Betriebsratswahlen dennoch zu „retten“. Diese Möglichkeit gibt es im vereinfachten Wahlverfahren wegen der sehr kurzen Fristen nicht.

Bekanntmachung der Wahlvorschläge

Gem. § 10 Abs. 2 WO hat der Wahlvorstand die gültigen Vorschlagslisten spätestens eine Woche vor Beginn der Stimmabgabe (ggfls. dem ersten Tag der Stimmabgabe) bekannt zu machen. Die in § 10 Abs. 2 WO genannte Frist, beschreibt den Zeitpunkt, an dem die Vorschlagslisten spätestens bekannt gemacht werden müssen. Eine frühere Bekanntmachung ist nicht ausgeschlossen, sondern im Interesse einer frühzeitigen Information der Beschäftigten auch sehr zu empfehlen.

Ab der Bekanntmachung der Wahlvorschläge und Vorschlagslisten, können sich die Beschäftigten mit den Kandidaten auseinandersetzen. Deshalb ist es im normalen Wahlverfahren auch zu empfehlen, die Vorschlagslisten bekannt zu machen, sobald die Fristen für das Einreichen und Korrigieren verstrichen sind.

Ein weiterer Vorteil einer frühen Bekanntmachung besteht auch darin, dass dann auch die Briefwahlunterlagen erstellt und versendet werden können. Die Möglichkeit des rechtzeitigen Versendens ist für die fristgemäße Rücksendung der Freiumschläge von großer Bedeutung.

Im vereinfachten Wahlverfahren schreibt § 36 Abs. 5 Satz 3 WO vor, dass die Bekanntmachung der Wahlvorschläge nach Ablauf der gesetzlichen Mindestfrist für die Einreichung von Wahlvorschlägen erfolgen muss. Da die Bekanntmachung unmittelbar nach Ablauf der Frist zu erfolgen hat, kommt es für den Tag der Bekanntmachung auf die Uhrzeit an, bis zu der die Wahlvorschläge eingereicht werden müssen.

Beispiel:

Der Tag der Wahl (die Wahlversammlung) ist auf Mittwoch, den 27. April 2022 festgesetzt worden. Damit müssen die Wahlvorschläge bis zum Dienstag, den 19. April 2022 beim Wahlvorstand eingereicht werden. Ist für die Einreichung z. B. der Dienstschluss 16.30 Uhr festgesetzt worden, kann und muss der Wahlvorstand die Bekanntgabe noch am 19. April vornehmen.

Ist hingegen das Ende der Einreichungsfrist auf 24 Uhr festgesetzt worden, kann die Bekanntmachung erst am 20. April erfolgen. Das muss dann möglichst unverzüglich in der Nacht erfolgen. Um das zu vermeiden, sollte der Wahlvorstand das Ende der Einreichungsfrist auf jeden Fall zu einer früheren Uhrzeit festlegen. Voraussetzung ist natürlich, dass der Zeitpunkt so gewählt wird, dass nicht noch die überwiegende Anzahl der Beschäftigten arbeitet.

Bewertung:

Auch bei der Bekanntmachung der Wahlvorschläge hat der Wahlvorstand nur sehr enge Fristen zur Verfügung. Der Nachteil ist, dass sich dadurch die Belegschaft nicht frühzeitig mit den Kandidaten auseinandersetzen kann und auch die Fristen für die Briefwahl automatisch sehr eng werden. In der Praxis führen diese sehr engen Fristen immer wieder zu zahlreichen Problemen und Fehlern. Die engen Fristen sind eindeutig ein Nachteil des vereinfachten Wahlverfahrens.

Personen- oder Listenwahl

Ein wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Wahlverfahren besteht auch in den möglichen Wahlarten.

Für die Wahl des Betriebsrats kommen grundsätzlich zwei verschiedene Wahlarten in Betracht:

  • die Personenwahl oder auch Mehrheitswahl genannt und
  • die Listenwahl oder auch Verhältniswahl genannt

Beim normalem Wahlverfahren wird grundsätzlich per Listenwahl gewählt. Ausnahmsweise wird aber im Wege der Personenwahl gewählt, wenn nach Ablauf der Frist für die Einreichung der Wahlvorschläge nur ein gültiger Wahlvorschlag beim Wahlvorstand eingereicht wurde.

Beim vereinfachten Wahlverfahren wird immer im Wege der Personenwahl gewählt.

Im vereinfachten Wahlverfahren muss immer im Wege der Personenwahl gewählt werden.

Im normalen Wahlverfahren können weder der Wahlvorstand noch der amtierende Betriebsrat zuvor beschließen, ob eine Personen- oder Listenwahl stattfinden soll. Welches Wahlverfahren durchzuführen ist, hängt ausschließlich davon ab, wie die Kandidaten sich verhalten.

Einigen sich die Bewerber für den Betriebsrat auf einen gemeinsamen Wahlvorschlag aller Kandidaten - und wird auch nur ein Vorschlag beim Wahlvorstand eingereicht - findet die Personenwahl statt.

Einigen sich die Bewerber nicht auf einen gemeinsamen Vorschlag und werden zwei oder mehr verschiedene Wahlvorschläge beim Wahlvorstand eingereicht, muss dieser die Wahl als Listenwahl durchführen.

Wahl im Wege der Listenwahl

Bei der Listenwahl geben die Wähler eine Stimme (ein Kreuz) für die Liste ihrer Wahl ab. Bei der Listenwahl kann nicht ausgewählt werden, welche Personen man gerne im Betriebsrat hätte! Man muss sich für eine der eingereichten Vorschlagslisten entscheiden.

Wahl im Wege der Personenwahl

Bei der Personenwahl kann der Wähler so viele Stimmen vergeben (Kandidaten anzukreuzen), wie Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. Natürlich darf nur eine Stimme pro Kandidat vergeben werden.

Bewertung

Wie erwähnt, können weder der Wahlvorstand noch der bisherige Betriebsrat Personen- oder Listenwahl beschließen. In welchem Verfahren gewählt wird, hängt im normalen Wahlverfahren ausschließlich vom Verhalten der Kandidaten ab. Einigt man sich auf eine einzige gemeinsame Liste, findet Personenwahl statt, werden zwei oder mehr Listen eingereicht, findet Listenwahl statt. Nur im vereinfachten Wahlverfahren ist die Personenwahl obligatorisch.

In kleineren Betrieben, in denen jeder jeden kennt, ist die Personenwahl sicherlich das anzustrebende Ziel. Dann haben die Wähler die Chance, aus allen Kandidaten diejenigen herauszusuchen, die ihnen am geeignetsten erscheinen. Der Wähler bestimmt also direkt über die Zusammensetzung des künftigen Betriebsrats.

In großen Betrieben muss man hingegen bedenken, dass der Wähler mit großer Wahrscheinlichkeit nicht alle Kandidaten kennt. Gewählt werden dann häufig diejenigen, die bekannt sind „wie ein bunter Hund“ - ob sie nun geeignet für den Betriebsrat sind oder nicht.

Kandidaten aus kleineren Abteilungen schaffen es oft nicht, gewählt zu werden, weil sie nicht bekannt genug sind bzw. weil Beschäftigte größerer Abteilungen Kandidaten aus ihrem Bereich wählen.

Hier bietet die Listenwahl den Vorteil, dass beim Erstellen der Liste darauf geachtet werden kann, fähige Kandidaten aus kleineren Bereichen weiter vorne auf der Liste zu platzieren, so dass sie eine größere Chance haben, in den Betriebsrat gewählt zu werden.

 

Sowohl Personen- als auch Listenwahl haben also ihre jeweiligen Vor- und Nachteile. In Betrieben, in denen Arbeitgeber und Wahlvorstand das vereinfachte Wahlverfahren vereinbaren können, muss abgewogen werden, ob die eindeutigen Nachteile (die sehr kurzen Fristen) für die möglichen Vorteile (es wird ausdrücklich Personenwahl gewünscht) des vereinfachten Wahlverfahrens überwiegen. Wird in einem Betrieb zwischen 101 und 200 regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern unbedingt Personenwahl gewünscht, bietet sich die Vereinbarung mit dem Arbeitgeber über die Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens an, weil nur so sicher die Personenwahl durchgesetzt werden kann. Ansonsten besteht immer die „Gefahr“, dass noch eine weitere Liste eingereicht wird, was dann automatisch Listenwahl bedeutet.

Briefwahl bzw. nachträgliche schriftliche Stimmabgabe

Arbeitnehmer können beim Wahlvorstand Briefwahl beantragen, wenn sie im Zeitpunkt der Wahl nicht im Betrieb anwesend sind, § 24 Abs. 1 WO. Auf welchen Gründen die Abwesenheit beruht, ist ohne Bedeutung. Es können betriebliche (z. B. Geschäftsreise, Montage) oder persönliche Gründe sein (z. B. Urlaub, Freischicht, Arbeitsbefreiung, Krankheit). Die Antragstellung ist in der internen Version der Wählerliste zu verzeichnen.

Stellt der Wähler den Antrag erst nach der Bekanntgabe der Wahlvorschläge, sind ihm die Wahlunterlagen unverzüglich nach Antragstellung auszuhändigen oder zu übersenden. Es muss dafür Sorge getragen werden, dass der Wähler in der Lage ist, seine Stimme rechtzeitig abzugeben. Die Briefwahlunterlagen müssen vor Ablauf, der für die Stimmabgabe festgesetzten Zeit, dem Wahlvorstand zugegangen sein. Später eintreffende Freiumschläge dürfen bei der Stimmauszählung nicht mehr berücksichtigt werden.

Der Wahlvorstand ist also dafür verantwortlich, dass die Unterlagen möglichst rechtzeitig zum Wähler gelangen. Der Briefwähler hingegen trägt das Risiko des rechtzeitigen Eingangs des Freiumschlags beim Wahlvorstand.

Da im normalen Wahlverfahren die Bekanntmachung der Wahlvorschläge mit einer ausreichend langen Frist vor der Wahl erfolgen kann, besteht für die Beschäftigten die Möglichkeit, die Briefwahl so rechtzeitig zu beantragen, dass sie auf alle Fälle in der Lage sind, die Freiumschläge rechtzeitig bis zum Tag der Stimmabgabe wieder zurückzusenden. Grundsätzlich gibt es im normalen Wahlverfahren aber keine Frist für die Beantragung der Briefwahl. Der Briefwähler muss halt so rechtzeitig handeln, dass er bis zum Tag der Wahl die Briefwahlunterlagen an den Wahlvorstand zurückschicken kann.

Im vereinfachten Wahlverfahren können die Anträge auf Briefwahl bis drei Tage vor dem Tag der Stimmabgabe (der Wahlversammlung) gestellt werden, § 35 Abs. 1 WO.

In diesem Fall ist es regelmäßig nicht mehr möglich, dass die Briefwahlstimmen bis zum Wahltag (der Wahlversammlung) beim Wahlvorstand eingehen. Deshalb nennt man im vereinfachten Wahlverfahren die Briefwahl auch „nachträgliche schriftliche Stimmabgabe“.

Deshalb kann die öffentliche Stimmenauszählung in diesem Fall nicht direkt im Anschluss an die Stimmabgabe erfolgen, sondern muss später stattfinden.

Eine konkrete Frist zur nachträglichen schriftlichen Stimmabgabe wird von der Wahlordnung nicht vorgesehen. Der Wahlvorstand hat die Frist so zu bemessen, dass unter Berücksichtigung der Bedingungen im Betrieb und der normalen Postlaufzeit eine ordnungsgemäße Briefwahl möglich ist.

Je nach den konkreten Gegebenheiten des Betriebs wird aber eine Frist von drei bis höchstens sieben Tagen ausreichend sein, bis zur der die Briefwahlunterlagen beim Wahlvorstand eingegangen sein müssen.

Der Wahlvorstand hat die Arbeitnehmer über die Verschiebung des Termins für die Stimmauszählung zu informieren und Ort, Tag und Zeit der nach Ablauf der Frist zur nachträglichen schriftlichen Stimmabgabe vorgesehenen öffentlichen Stimmauszählung bekannt zu machen. Die Bekanntmachung hat in gleicher Weise zu erfolgen wie das Wahlausschreiben.

Bis zur Stimmenauszählung hat der Wahlvorstand gem. § 34 Abs. 2 WO die Wahlurne bis zum Ende der Frist zur nachträglichen schriftlichen Stimmabgabe zu versiegeln und aufzubewahren.

 

Bewertung

Die Möglichkeit der nachträglichen schriftlichen Stimmabgabe macht insbesondere die Auszählung der Stimmen komplizierter. Während normalerweise nach Abschluss der Stimmabgabe die Auszählung der Stimmen beginnt, müssen sie bei der nachträglichen schriftlichen Stimmabgabe versiegelt und gesichert gelagert werden. Das birgt das Risiko für Fehler oder Unachtsamkeiten, die dann zur Anfechtung der Wahl führen. Die Möglichkeit der nachträglichen schriftlichen Stimmabgabe ist wiederum eine Folge der viel zu kurzen Fristen im vereinfachten Wahlverfahren.

 

Die Stimmauszählung

Wie oben beschrieben, unterscheiden sich beide Wahlverfahren darin, dass beim vereinfachten Wahlverfahren die Personenwahl obligatorisch ist und im normalen Wahlverfahren grundsätzlich Listenwahl in Betracht kommt, es sei denn, dass nur eine Vorschlagsliste eingereicht wurde.

Bei der Personenwahl sind diejenigen gewählt, die unter Beachtung des Minderheitenschutzes die meisten Stimmen erhalten haben. Die übrigen Kandidaten mit weniger Stimmen sind dann Ersatzmitglieder des Betriebsrats.

Bei der Listenwahl werden die Kandidaten nicht persönlich gewählt, sondern die Wähler geben ihre Stimme jeweils einer Liste. Je nach Anzahl der erhaltenen Stimmen, bekommen die Listen dann Plätze im Betriebsrat.

Die Anzahl der Plätze für die jeweiligen Listen wird mit dem d’Hondtschen Höchstzahlensystem ermittelt. Dafür werden alle auf die einzelnen Listen entfallenden Stimmen durch 1, 2, 3, 4 usw. geteilt, bis sich aus den dadurch gewonnenen Teilzahlen so viele Höchstzahlen ergeben, wie Betriebsratsmitglieder zu wählen sind. Die Höchstzahlen sind dann der Größe nach zu ordnen. Jede Vorschlagsliste enthält so viele Sitze im Betriebsrat, wie Höchstzahlen auf sie entfallen. Ist festgestellt, wie viele Sitze auf die einzelnen Vorschlagslisten entfallen, bestimmt sich wer gewählt wird nach der Reihenfolge ihrer Benennung auf der Liste.

Beispiel (nach BAG, vom 22.11.2017 - 7 ABR 35/16):

Bei der Betriebsratswahl waren 17 Betriebsratsmitglieder zu wählen (§ 9 Satz 1 BetrVG). Es existierten 3 Listen. 1142 gültige Stimmen wurden abgegeben. Die Liste 1 erhielt 557 Stimmen, die Liste 2 erhielt 306 Stimmen und die Liste 3 279 Stimmen. Die Sitze im Betriebsrat wurden deshalb wie folgt verteilt:

Liste 1

557 Stimmen

Liste 2

306 Stimmen

Liste 3

279 Stimmen

557:1 = 557 (1)          306:1 = 306 (2)279:1 = 279 (3)
557:2 = 278,5 (4)306:2 = 153 (6)279:2 = 139,5 (7)
557:3 = 185,66 (5)306:3 = 102 (10)279:3 = 93 (11)
557:4 = 139,25 (8)306:4 = 76 (14)279:4= 69,75 (15)
557:5 = 111,4 (9)       306:5 = 61,2279:5 = 55,8
557:6 = 92,83 (12)306:6 = 51279:6 = 46,5
557:7 = 79,57 (13)306:7 = 43,71279:7 = 39,85
557:8 = 69,62 (16)306:8 = 38,25279:8 = 34,87
557:9 = 61,88 (17)306:9 = 34279:9 = 31
557:10 = 55,7306:10 = 30,6279:10 = 27,9

In diesem Beispielsfall entfallen also auf Liste 1 9 Sitze und auf die Listen 2 und 3 jeweils 4 Sitze. Vierschiebungen können sich noch ergeben, wenn das Minderheitsgeschlecht nicht entsprechend berücksichtigt wurde.

Downloads

Normales Wahlverfahren

Formblatt 1: Ablaufplan normales Wahlverfahren 

Vereinfachtes Wahlverfahren

Formblatt 1: Ablaufplan vereinfachtes Wahlverfahren 

Formblatt 10: Vereinbarung über die Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens zur Wahl des Betriebsrats

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